Rechtsberatung zum Festpreis

Anlass für diesen Beitrag ist dieses Flussdiagramm („What kind of price is it?“) aus den USA, das mir kürzlich über den Weg gelaufen ist. Darin wird das sog. „value-based pricing“ propagiert. Das ist ein Festpreis für Beratungsleistungen, der sich weniger am geschätzten Aufwand als am Wert für Mandant:innen bemisst.

Zunächst: „Value-based pricing“ bei Anwält:innen gibt es natürlich an sich in Deutschland häufiger als in den USA. Solange der „value“ dem „Streitwert“ entspricht, lässt sich die Vergütung nach dem RVG vereinbaren.

Die entscheidende Frage ist: Wie kann „value-based pricing“ bei Rechtsanwält:innen funktionieren? Und wie kann man als Anwältin oder Anwalt einen Festpreis für Rechtsberatung vereinbaren? Darüber habe ich mir ein paar Gedanken gemacht.

Wenn es aber nicht um einen Streit-, sondern um einen reinen Beratungswert geht, wird die Bemessung des Festpreises schwieriger. Ich selbst bin ein großer Freund von Festpreisen und ein großer Feind der zeitbasierten Vergütung. Denn erstens hasse ich Zeiterfassung, zweitens bestrafe ich mich mit effizienten Arbeitsmethoden, und drittens führt aufwandsbasierte Vergütung immer wieder zu unnötigen Diskussionen mit Mandant:innen, nachdem die eigentliche Arbeit erledigt ist. Ich bin dankbar dafür, dass seit Beginn meiner Selbstständigkeit keiner meiner Mandant:innen auf zeitbasierte Vergütung bestanden hat.

Welche Faktoren ziehe ich selbst für einen Festpreis in Betracht? Hier ein kurzer Überblick:

  • Zeitaufwand: Natürlich (und leider) ist der geschätzte Zeitaufwand ein gängiger Bemessungsfaktor – interessanterweise häufig doch derjenige, der sich Mandant:innen am leichtesten vermitteln lässt. Aber es ist längst nicht der einzige. Zum Glück, denn letztlich kann es den Mandant:innen ja völlig egal sein, ob ich für die Bearbeitung der Aufgaben eine oder 100 Stunden brauche.
  • Gewinn für Mandant:innen: Was gewinnen Mandant:innen durch die Beratung? Das kann die Vermeidung konkret oder abstrakt drohender finanzieller Nachteile sein (z.B. Abmahnrisiken), aber auch Vermögensvorteile, die durch einen günstigen Vertrag erzielt werden. Wer die Geschäfte der Mandant:innen sehr gut kennt, kann ihnen die Gewinne durch ein Mandat aufzeigen und sie zum Bemessungsfaktor für die Vergütung machen.
  • Eigenes Haftungsrisiko: Natürlich hafte ich als Anwalt immer für Beratungsfehler. Aber in der Praxis gibt es dann doch große Unterschiede in der Beurteilung, wie konkret ein Haftungsfall tatsächlich droht und in welcher Höhe. Bezieht man diesen Faktor in die Vergütungsbemessung ein, braucht man Fingerspitzengefühl (sonst natürlich auch).
  • Wiederverwertbarkeit: Ein gewisses Tabuthema unter Anwält:innen und Mandant:innen. Beratung ist natürlich immer hochexklusiv und wahnsinnig individuell. Tatsächlich gibt es immer wieder Fälle, in denen sich Aufgabenstellungen und Arbeitsschritte zumindest zum Teil wiederholen und dadurch die Effizienz steigt. Soll ich dafür die erste Mandantin bestrafen und den zehnten belohnen? Na also. Wenn mich eine Mandantin oder ein Mandant mit einer Aufgabe betraut, deren Ergebnis ich für wiederverwertbar halte, lasse ich mir das von der Mandantin oder dem Mandanten genehmigen und senke den Festpreis entsprechend (und erhöhe ihn später).
  • Geschwindigkeit: Ich arbeite schnell. Wenn es aber besonders schnell gehen muss, wird es teurer. Bei Übersetzungsbüros, Logistikunternehmen etc. ist das üblich, warum nicht bei Anwält:innen? Im Gegenteil habe ich bei zeitbasierter Vergütung häufig den Eindruck gehabt, dass Mandant:innen bewusst extrem kurze Fristen setzen, um den Zeitaufwand zu begrenzen.
  • Finanzkraft der Mandant:innen: Soll ich das kleine Startup-Unternehmen günstiger beraten als den Großkonzern? Ein schwieriges Thema. In der Praxis passiert das ganz bestimmt. Ich gehe damit sehr kritisch um.

Falls ich einen wichtigen Faktor vergessen haben sollte, werde ich ihn nachtragen. Und natürlich freue ich mich über Anmerkungen, Ergänzungen und Kritik.

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