Beteiligungsrechte des Betriebsrats beim Einsatz von IT: Was Arbeitgeber:innen wissen müssen

Die Digitalisierung verändert unsere Arbeitswelt rasant – Cloud-Dienste, künstliche Intelligenz (KI) und automatisierte Prozesse sind längst keine Zukunftsmusik mehr. Doch mit der Einführung neuer Technologien im Unternehmen ist auch ein wichtiges Thema verbunden: die Mitbestimmungsrechte des Betriebsrats.

Wann hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht?

Nach § 87 Abs. 1 Nr. 6 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht, wenn technische Einrichtungen eingeführt oder verändert werden, die dazu geeignet sind, das Verhalten oder die Leistung der Arbeitnehmer:innen zu überwachen.

Das betrifft z. B.:

• Zeiterfassungssysteme

• E-Mail- oder Internetüberwachung

• Software zur Leistungskontrolle

• KI-Systeme, die Entscheidungen mit Auswirkungen auf Mitarbeitende treffen

Wichtig: Es reicht bereits aus, wenn eine Überwachung möglich ist – auch wenn Arbeitgeber:innen diese gar nicht planen oder sogar ausdrücklich nicht einsetzen möchten.

Cloud-Dienste – Datenschutz und Transparenz zählen

Cloud-Lösungen (z. B. Microsoft 365, Google Workspace) speichern Daten nicht mehr im Unternehmen, sondern auf Servern externer Anbieter:innen – und diese Anbieter:innen sitzen oft im Ausland. Das bringt datenschutzrechtliche Herausforderungen mit sich, vor allem, wenn die Anbieter:innen in Drittstaaten ihren Sitz haben, für die es keinen Angemessenheitsbeschluss der EU-Kommission gibt.

Arbeitgeber:innen müssen sich in diesen Fällen folgende Fragen stellen, die auch für den Betriebsrat relevant sind:

• Wo liegen die Daten genau?

• Wer hat Zugriff?

• Können Beschäftigte überwacht werden (z. B. reichen hier schon mögliche Nutzungsprotokolle)?

• Wie wird mit personenbezogenen Daten umgegangen?

To Do für Arbeitgeber:innen

Arbeitgeber:innen müssen vor der Einführung prüfen, ob der Einsatz der Cloud eine mitbestimmungspflichtige Maßnahme ist. Falls ja (und das ist fast immer der Fall), müssen sie den Betriebsrat einbeziehen – idealerweise durch eine Betriebsvereinbarung.

Künstliche Intelligenz – die neue Mitspielerin im Betrieb

KI-Systeme können einfache und komplexe Aufgaben übernehmen oder sogar Entscheidungen treffen, die bisher von Menschen getroffen wurden – etwa bei der Bewerber:innenauswahl, Schichtplanung oder Leistungsauswertung.

Das Problem: Diese Systeme sind oft eine „Black Box“ – es ist schwer nachzuvollziehen, wie Entscheidungen zustande kommen. Das erhöht das Risiko von Fehlern, Diskriminierung oder Leistungsdruck. Deshalb sind gerade Einsatzmöglichkeiten, in denen KI Entscheidungen trifft, besonders sensibel. Hier darf auf keinen Fall der Betriebsrat übergangen werden.

Rechte des Betriebsrats bei KI:

  • Transparente Information über den Einsatz und die Funktionsweise der KI durch Arbeitgeber:innen
  • Schutz vor ungerechter Bewertung oder Diskriminierung muss gewährleistet werden
  • Mitbestimmung bei der Einführung und konkreten Nutzung der Technologie

Auch hier ist eine Betriebsvereinbarung das Mittel der Wahl, um klare, verbindliche Regeln zu schaffen.

Was gehört in eine Betriebsvereinbarung?

Eine gute Betriebsvereinbarung schafft Rechtssicherheit für beide Seiten. Sie sollte u.a. folgende Punkte regeln:

• Zweck und Umfang des Systems

• Welche Daten werden erhoben und wie werden sie verarbeitet?

• Wer hat Zugriff auf die Daten?

• Schutzmaßnahmen für Mitarbeitende (z. B. keine permanente Überwachung)

• Transparenz- und Informationspflichten der Arbeitgeber:innen

• Schulungen, wenn neue Technik eingeführt wird

• Verfahren bei Verstößen oder Beschwerden

Bei KI können zusätzlich geregelt werden:

• Keine rein automatisierten Entscheidungen ohne menschliche Kontrolle

• Möglichkeit der individuellen Überprüfung

• Ausdrücklicher Verzicht auf diskriminierende Kriterien

Gibt es Alternativen zur Betriebsvereinbarung?

In manchen Fällen können auch flexible Alternativen zur Betriebsvereinbarung gewählt werden:

• Regelungsabreden (formlose Vereinbarungen)

• Einzelzustimmungen von Mitarbeiter:innen bei freiwilligen Maßnahmen

• Einigungsstellenverfahren, wenn keine Einigung erzielt wird

Achtung: Bei echten Mitbestimmungsrechten ist eine formelle Betriebsvereinbarung in den meisten Fällen zwingend. Ohne sie droht die Unwirksamkeit der Maßnahme.

Exkurs: Was ist eine Regelungsabrede – und was bewirkt sie?

Eine Regelungsabrede ist eine formlose Vereinbarung zwischen Arbeitgeber:in und Betriebsrat. Im Gegensatz zur Betriebsvereinbarung wird sie

• nicht schriftlich niedergelegt,

• nicht unterzeichnet und

• nicht im Betrieb bekannt gemacht.

Sie wirkt nur zwischen den Beteiligten – Arbeitgeber:in und Betriebsrat – und nicht unmittelbar gegenüber den Beschäftigten.

Regelungsabreden können zum Beispiel sinnvoll sein:

• bei kurzfristigen oder einmaligen Maßnahmen,

• wenn es um nicht mitbestimmungspflichtige Themen geht,

• oder als Zwischenlösung, bis eine formelle Betriebsvereinbarung abgeschlossen ist.

Noch einmal: Wo das Gesetz eine zwingende Mitbestimmung vorsieht (z. B. bei Überwachung durch Technik), reicht eine Regelungsabrede nicht aus – hier ist eine Betriebsvereinbarung erforderlich.

Unser Tipp: Frühzeitige Einbindung zahlt sich aus

Unternehmen, die neue IT-Lösungen einführen möchten, sollten den Betriebsrat frühzeitig und transparent einbinden. Das sorgt für Rechtssicherheit, vor allem aber stärkt dies auch das Vertrauen der Mitarber:innen in die neue Technologie und in die/den Arbeitgeber:in. Neuerungen werden in vielen Fällen offener und schneller angenommen.

Wer rechtzeitig klärt, was erlaubt ist – und was nicht – vermeidet Konflikte, spart Zeit und Geld und fördert eine moderne, vertrauensvolle Unternehmenskultur.

Gerne beraten und unterstützen wir Sie datenschutzrechtlich bei der Einschätzung und Einführung neuer Verarbeitungsverfahren.

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Dr. Sonja Detlefsen

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