Bessere Dokumente erstellen mit „Document Automation“-Software?
Unter Juristen, die sich für „Legal Tech“ interessieren, ist das Thema Document Automation derzeit in aller Munde. In diesem Beitrag erklären wir, was es mit Document Automation auf sich hat und wie solche Tools auch für IT-KMU nützlich sein können.
Was ist „Document Automation“?
Unter „Document Automation“-Software versteht man Werkzeuge zur automatischen Erzeugung bestimmter Arten von Dokumenten. Klassisches Beispiel für solche Dokumente aus Sicht von uns Juristen ist ein Vertrag, in unserem Fall ein einfacher Software-Lizenzvertrag.
Nehmen wir an, ein Anwalt erstellt für das Softwareunternehmen A einen solchen Lizenzvertrag. Dann kommt das Softwareunternehmen B und möchte einen ganz ähnlichen Vertrag, mit ein paar kleinen Unterschieden. Dann kommen die Unternehmen C bis Z, eines nach dem anderen, zum Teil auch gleichzeitig. Wie erstellen Sie die Lizenzverträge für all diese Unternehmen möglichst schnell und in möglichst guter Qualität?
- Ansatz 1 („Copy & Paste“): Ich erstelle zunächst den Vertrag für das Unternehmen A. Um den Vertrag für das Unternehmen B zu erstellen, kopiere ich den A-Vertrag und ändere das, was zu ändern ist. So mache ich dann weiter vom C-Vertrag bis zum Z-Vertrag. Je besser ich die vorigen Verträge im Kopf habe, desto eher kann ich für einen Vertrag die beste „Copy & Paste“-Vorlage wählen; ich komme dann idealerweise mit ganz wenigen Änderungen aus.
- Ansatz 2 („Document Automation“): Ich erstelle zunächst den Vertrag für das Unternehmen A. Dann übertrage ich diesen Vertrag als Vorlage (Template) in eine Document Automation Software. Ich überlege mir, welche Inhalte in allen Verträgen gleich sind und wo es Unterschiede gibt. Diese Unterschiede können entweder ganz individuell sein (z.B. Unternehmensbezeichnungen) oder eine Auswahl verschiedener Optionen (z.B. verschiedene Varianten für Klauseln zu Nutzungsrechten). Für die nächsten Verträge öffne ich das Template in der Documentation Software, fülle die individuellen Felder aus und wähle die Auswahlfelder.
Was bringt „Document Automation“ für IT-Unternehmen?
Document Automation kann Ihnen nicht nur bei der Arbeit mit juristischen Dokumenten helfen. Auch Ihre Geschäftskorrespondenz – Angebote, Leistungsbeschreibungen, Rechnungen etc. – ist häufig standardisiert und besteht aus verschiedenen Komponenten, die aufeinander aufbauen.
Was sind die Vor- und Nachteile gegenüber „Copy & Paste“?
Ich kann aus eigener Erfahrung als Kleinunternehmer sagen, dass bei aller Sympathie für schlaue Tools der „Copy & Paste“-Ansatz nicht unbedingt immer verkehrt sein muss. Hier kurz die offensichtlichen Vorteile von „Copy & Paste“:
- Es kostet nichts.
- Es kann extrem schnell gehen (vor allem, wenn Sie flinke Finger haben).
- Es ist sehr leicht zu verstehen und zu lernen.
- Es funktioniert systemunabhängig und hat keine Hardwarevoraussetzungen.
- Es ist sehr flexibel, d.h. ich kann jederzeit zu einem anderen Tool wechseln.
Allerdings hat „Copy & Paste“ auch gewisse Nachteile — hier gewinnt „Document Automation“:
- Je mehr gleichartige Dokumente zu erstellen sind, umso größer das Risiko, dass gleichartige Dokumente im Ergebnis abweichen.
- Know-How, das für ein Dokument genutzt wird, droht für künftige Dokumente verloren zu gehen, wenn es nicht zufällig per „Copy & Paste“ hinübergerettet wird.
- Je mehr Personen an gleichartigen Dokumenten arbeiten, umso größer das Risiko, dass gleichartige Dokumente im Ergebnis abweichen.
Wir halten also als Zwischenergebnis fest: Je stärker Ihre Dokumente standardisiert sind, je öfter sich diese Standards ändern und je mehr Personen an den Dokumenten arbeiten, desto mehr Gefahren birgt „Copy & Paste“ und desto mehr Vorteile bringt „Document Automation“.
Welche Tools gibt es?
Das Angebot an „Document Automation“ Tools ist inzwischen beachtlich — trotzdem gibt es durchaus die Möglichkeit, dass für Sie im Ergebnis nicht das Passende dabei ist. Hier ein kurzer Rundgang durch die Tools, die wir kennen (ohne Anspruch auf Vollständigkeit):
Am größten ist das Angebot an Tools für Anwender von Windows-Systemen. Am bekanntesten sind hier diejenigen Angebote, die zugleich ziemlich komplex und mächtig sind und sich deshalb für KMU eher nicht eignen. Beispiele hierfür sind:
Ebenfalls ein eher „größeres“ System ist XPressDox. Es ist in vielfältigen Einsatzumgebungen nutzbar.
„Kleinere“, weniger mächtige Tools für Windows-Nutzer sind dagegen TheFormTool, Pathagoras und Smoothdocs. Letzteres ist sogar kostenlos.
Diese Tools lassen sich auf Mac-Umgebungen leider nicht oder nur unter Umwegen nutzen (Parallels etc.). Wenn es um Word-Plugins geht, sind diese außerdem immer nur mit Word für Windows nutzbar. Trotz der zwischenzeitlichen Anpassung der Office-Anwendungen für Mac besteht nach wie vor keine Plugin-Kompatibilität.
Für Mac-Nutzer (wie uns) gibt es deshalb nur eine native Anwendung, die sich für „Document Automation“ eignen soll: das Dokumentenmanagementsystem Docmoto. In diesem Artikel steht, wie das funktioniert.
Es gibt außerdem immer mehr cloudbasierte und damit systemunabhängig nutzbare Systeme. Hierzu zählen z.B. draftonce und (das etwas „old school“ wirkende) Pathagoras On Cloud. Speziell an Juristen wenden sich die Dienste LawLift und ContractMill. Sie sollten sich aber auch für andere Zielgruppen eignen.
Was kann Document Automation nicht?
Das Ergebnis eines „Document Automation“-Workflows ist immer ein „fertiges“ Dokument. Doch was passiert, wenn
- dieser Dokument mit einer anderen Partei verhandelt wird und sich dadurch ändert?
- ein Dokument in mehreren Sprachen erstellt werden muss?
- sich an der Vorlage (Template) nachträglich etwas ändert – hat man dann einen Überblick darüber, welche bereits erstellten Dokumente von dieser Änderung betroffen sind?
Für diese Anwendungsfälle ist „Document Automation“-Software leider nicht gemacht. Für den Fall der Dokumentverhandlung gibt es gute Lösungen – auf das Beispiel synergist.io gehen wir demnächst ausführlicher ein. Für den Fall der nachträglichen Änderungen hätten wir gerne eine schlanke Lösung, haben sie aber noch nicht gefunden. Falls jemand eine hat, freuen wir uns über Feedback.
„Document Automation Light“: TextExpander & Co.
Wer den für „Document Automation“ nötigen Aufwand scheut, sich aber mit übermäßigem „Copy & Paste“-Einsatz auch nicht gut fühlt, für den könnten Snippet Tools das Richtige sein. Mit diesen Tools lassen sich Textbausteine anlegen und über verschiedene Anwendungen hinweg über definierte Tastenkürzel nutzen. Bekannte Beispiele hierfür sind TextExpander und PhraseExpress. Wer nur Microsoft Word nutzt, kann hier auch mit der Autotext-Funktion herumexperimentieren. Ich halte sie aber für nicht besonders anwenderfreundlich.
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Dr. Jochen Notholt
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