Was macht eigentlich ein Anwalt für Kartellrecht?

In diesem Blog-Beitrag stellen wir Ihnen Dr. Sebastian Louven aus unserem comp/lex Netzwerk sowie seine Tätigkeit als Kartellrechtsanwalt vor. Herr Louven ist selbstständiger Rechtsanwalt für Kartellrecht und Telekommunikationsrecht, seine Schwerpunkte liegen im Vertriebsrecht, gewerblichen Rechtsschutz und im IT-Recht. Daneben lehrt Herr Louven an der Freien Universität Berlin und an der Carl von Ossietzky Universität Oldenburg.

Hallo Herr Louven!

Dr. Sebastian Louven: Hallo!

Herr Louven, was genau macht eigentlich ein Anwalt für Kartellrecht und was macht Sie zu einem?

Dr. Sebastian Louven: Ein typischer Anwalt in diesem Bereich berät zum deutschen und europäischen Wettbewerbsrecht. Wettbewerbsrecht in diesem engeren Sinn meint die Vorschriften, die den Wettbewerbsprozess als solchen schützen. Ganz vorwiegend geht es darum, Verstöße gegen Verbote zu vermeiden, häufig auch um den Schutz des Unternehmens selbst.

Kartellrechtsanwälte beraten vorwiegend zu wettbewerbskonformem Verhalten, insbesondere Marktverhaltensregeln, das kann aber auch die Ausgestaltung von Selektivsystemen, Zugangsregelungen, Fusionen oder ähnliches sein.

Ich selbst berate und forsche insbesondere im digitalen Bereich. Dort gibt es dann einige Sonderreglungen.

Meine Beratung erstreckt sich dabei auch auf das teilweise strengere deutsche Wettbewerbsrecht. So können Unternehmen etwa im Zusammenhang mit § 20 GWB Belieferungsansprüche gegenüber solchen Unternehmen geltend machen, von denen sie abhängig sind. Diese Vorschrift ist auch ein wichtiger Anker für Kontrahierungszwänge im digitalen Bereich, zum Beispiel beim Zugang zu Daten oder wichtigen Plattformen, bei der Ausgestaltung von Schnittstellen und mittelbar dann auch einer Kontrolle der Preishöhe.

Welche sind die wichtigsten Rechtsquellen Ihres Fachgebietes?

Dr. Sebastian Louven: Ganz zentral GWB und AEUV; hier muss ich sagen, dass insbesondere im digitalen Bereich viele Regelungen noch recht jung sind. Vieles ist noch in Bewegung und muss erforscht werden.
Hinzu kommen sektorspezifische Regelungen wie demnächst der europäische Digital Markets Act oder Gesetze mit spezifischen Wettbewerbsregeln. Dazu zählt bei mir prominent das TKG mit seinen Vorschriften zur Marktregulierung.

Neben einigen neuen Regelungen oder dem bereits angesprochenen DMA gibt es seit Anfang des Jahres in Deutschland den § 19a GWB. Diese Vorschrift ermöglicht ein neues Verfahren, mit dem das Bundeskartellamt digitale Plattformen mehr kontrollieren kann. Hier geht es für betroffene Unternehmen vor allem darum, das Verfahren mitzugestalten, da es nicht selbstverständlich ist, dass die Behörde am Ende eine praktikable Lösung für alle findet. Das ist aber auch das Spannende an meiner Arbeit.

Welche Unternehmen beraten Sie als Anwalt für Kartellrecht am häufigsten?

Dr. Sebastian Louven: Grundsätzlich ist die Einhaltung des Wettbewerbsrechts für alle Unternehmen relevant und zwar unabhängig von ihrer Größe. An einer bezweckten wettbewerbswidrigen Absprache können auch Solo-Unternehmen beteiligt sein. Allerdings hat in den vergangenen Jahren auch die Gewinnung und der Zugang zu Daten eine hohe wettbewerbsrechtliche Relevanz erhalten, insbesondere aber auch der Zugang zu Plattformen.

Ich berate hier zum einen in der Frage zum Zugang zu Plattformen, aber auch zur Gestaltung von Selektivsystemen, die besondere Anforderungen insbesondere auch an den digitalen Vertrieb haben. Aber immer wieder ist auch der Zugang zu Daten relevant.

Ich gehe davon aus, dass in den kommenden Jahren immer mehr Unternehmen diese Fragen umtreiben. Insbesondere die Frage, auf welchen bzw. über welche (digitalen) Plattformen möchte ich meine Waren oder Dienstleistungen vertreiben; muss/darf ich hier alle Plattformen bedienen; muss ich anderen meine aufbereiteten Daten zur Verfügung stellen; darf ich auf Daten meiner Marktbegleiter zurückgreifen…

Welche Unternehmen oder Fälle beraten Sie im Kartellrecht am liebsten?

Dr. Sebastian Louven: Tatsächlich ist das Kartellrecht hier sehr breit und interessant. Ich würde sagen, dass ich besonders häufig sehr innovative Unternehmen berate oder in einem innovationsstarken Umfeld tätig bin. Am liebsten mache ich Fälle, die einen digitalen „Einschlag“ haben und noch nicht durch die Rechtsprechung hoch und runter entschieden wurden, also an der Schnittstelle zur Wissenschaft. Hier muss ich mir für meine Mandanten häufig neue Lösungen überlegen und auch aktuelle Themen wissenschaftlich begleiten. Durch meine Lehrerfahrung genieße ich auch die Abwechslung immer mal wieder Unternehmen im Bereich des Kartellrechts zu schulen. Hier mag ich es besonders, immer wieder Einblicke in andere Branchen zu bekommen.

Wie kann ich mir eine typische Situation vorstellen, in der Sie als Kartellrechtsanwalt von einem IT-Unternehmen beauftragt werden?

Dr. Sebastian Louven: Häufig besteht bei den Unternehmen bereits ein diffuses Gefühl, dass das wettbewerbliche Verhalten eines Marktbegleiters oder das eigene Verhalten nicht so richtig ins Bild passen. Wenn man dann als Rechtsanwalt näher hinschaut, stellt sich häufig heraus, dass schon ein gewisses Gefühl für die wettbewerblichen Rechtsprobleme vorliegt, aber die Umsetzung hapert. Hier zeige ich die Klippen auf und helfe diese zu „umschiffen“ oder zu lösen.

Neben dem Kartellrecht umfasst Ihre Expertise auch das Telekommunikationsrecht und das IT-Recht. Wie groß sind die Überschneidungen des Kartellrechts zu diesen Fachgebieten in der Praxis?

Dr. Sebastian Louven: In meinen Bereichen sehr hoch. Im Telekommunikationsrecht berate ich auch zur Marktregulierung. Dabei werden Unternehmen mit beträchtlicher Marktmacht einer sogenannten Ex-ante-Regulierung unterworfen. Es gelten dann nicht mehr nur die kartellrechtlichen Verbote zum Schutz des Wettbewerbs, sondern dem jeweiligen Unternehmen werden konkrete zusätzliche Pflichten zur Ermöglichung von Wettbewerb auferlegt. Die Berührung wird dabei immer enger, weil aus der Richtung des allgemeinen Kartellrechts kommend die Gesetzgeber wettbewerbspolitisch auch für digitale Plattformen immer mehr Regulierung ermöglichen wollen. Man schaue dort auf die aktuellen Pläne für einen Digital Markets Act (DMA) oder einen Data Governance Act (DGA).

Im IT-Recht ist es sehr wichtig, ein gewisses Grundverständnis für die vorherrschenden Problemstellungen zu haben, an denen meine Beratungsthemen andocken. So können bei der Bewertung missbräuchlicher Plattformbedingungen schnell auch Wertungen des Datenschutzrechts einbezogen werden. Wenn ich die Rechte betroffener Unternehmen gegenüber einer marktbeherrschenden Plattform durchsetze, dann sind auch die IT-vertragsrechtlichen Grundlagen interessant.

Mit den Bezügen zu Daten allgemein treten wiederum häufig Schnittstellen mit dem Datenschutzrecht auf. Das kann man etwa sehr anschaulich an dem Verfahren gegenüber Facebook sehen, welches das Bundeskartellamt vor einigen Jahren eingeleitet hat. Liegt hier ein Verstoß gegen das kartellrechtliche Missbrauchsverbot vor, indem das Unternehmen gegen die DSGVO verstößt oder müsste die Behörde selbstständig eine Einschränkung der Wahlfreiheit prüfen? Die Frage ist etwas rhetorisch und voreingenommen, weil ich selbst anwaltlich die Beigeladene in dem Verfahren vertrete.

Mit welchen Schwierigkeiten haben kleine und mittelständische IT-Unternehmen im Kartellrecht am häufigsten zu kämpfen?

Dr. Sebastian Louven: Häufig fehlt bei diesen Unternehmen die Zeit um sich mit kartellrechtlichen Problemen auseinanderzusetzen, da diese im Tagesgeschäft untergehen oder zur Seite geschoben werden.

Was sollten kleine und mittelständische IT-Unternehmen tun, um diese Schwierigkeiten im Voraus zu vermeiden?

Dr. Sebastian Louven: Aus meiner Sicht ist es immer richtig im eigenen Unternehmen Wissen über die das Wettbewerbsrecht aufzubauen. Dies hilft zum einen Kartellverstöße zu vermeiden und damit hohe Bußgelder, zum anderen macht es das jeweilige Unternehmen aber auch sicherer in der Ausgestaltung ihres Vertriebes und effizienter und ermöglicht die Erschließung neuer Geschäftswege.

Vielen Dank, dass Sie Ihre Expertise unseren Leserinnen und Lesern zugänglich machen!

Dr. Sebastian Louven: Ich danke für die Einladung!

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