Ausgewogene IT-Verträge
Wir sind im IT-Recht tätig, dem dynamischsten aller Rechtsbereiche! Wir beraten die boomende und sich ständig selbst disruptierende IT-Branche! Eigentlich kaum zu glauben, dass manchmal auch in unserem Job Langeweile aufkommen kann. Aber es gibt zumindest eine Sache, die relativ schnell zur Routine wird: Vertragsverhandlungen. Daher erfahren Sie hier, was ausgewogene IT-Verträge ausmacht.
Obwohl sich (IT-)Vertragsverhandlungen im Detail natürlich stark unterscheiden (sowohl bezogen auf die Vertragsinhalte als auch auf den Verlauf der Verhandlung), läuft in der Praxis meist das exakt gleiche Spielchen ab:
- Schritt 1: Vertragspartei 1 gibt das Vertragsdokument vor. Es enthält Regelungen, die Vertragspartei 2 mehr oder weniger stark benachteiligen.
- Schritt 2: Vertragspartei 2 überarbeitet das Vertragsdokument so, dass aus den nachteiligen Regelungen „vorteilhafte“ Regelungen werden.
- Schritt 3: Die Vertragsparteien „überarbeiten“ und „kommentieren“ das Dokument mehr oder weniger konstruktiv in ihrem Sinne und schicken es sich hin und her.
- Schritt 4: Es kommt zur eigentlichen Vertragsverhandlung, um diejenigen strittigen Punkte zu klären, die sich in Schritt 3 nicht klären ließen.
Nach Schritt 4 sieht zwar jeder IT-Vertrag anders aus, weil die Formulierungen immer wieder neu und anders sind. Die in den Schritten 3 und 4 ausgetauschten Argumente sind sich aber immer recht ähnlich, und die Ergebnisse sinngemäß ebenfalls.
Die Schritte 1 bis 4 sind für IT-Anwälte meist kein schlechtes Geschäft, vor allem dann nicht, wenn sie nach Aufwand abrechnen (was die meisten tun). Das Verhältnis zwischen Aufwand und Ertrag hält sich jedoch in engen Grenzen.
Wir freuen uns deshalb sehr, dass der Bitkom das Thema der „Vertragsverhandlungs-Standards“ aufgegriffen und die „Praxishilfe Ausgewogene Vertragskonzepte“ (54 S. PDF) entwickelt hat. Das Dokument ist zwar auf IT-Projektverträge ausgerichtet, viele der Vorschläge sind aber auch für andere Vertragstypen nutzbar. Der Bitkom stellt erweiterte Neuauflagen in Aussicht. Das Thema IP-Rechte fehlt z.B. noch – in Verhandlungen normalerweise ein schwieriges Thema, weil es hier häufig zu Missverständnissen kommt.
Unsere Tipps zur Vermeidung kostspieliger Vertragsverhandlungen
Wenn Ihr IT-Unternehmen gute IT-Verträge abschließen möchte, ohne dass die Verhandlungskosten aus dem Ruder laufen, achten Sie auf Folgendes:
- Versuchen Sie immer, Ihre eigenen AGB-/Vertragsmuster zu verwenden – vorausgesetzt, diese sind gut (wann das so ist, erklären wir hier in Kürze ausführlicher). Muster des Kunden passen in der Regel nicht zu den Leistungen, die Sie erbringen, oder es fehlen wichtige Regelungen. Seien Sie vorsichtig mit Kunden, die das nicht einsehen. (Möchten Sie Ihre AGB in laufenden Vertragsbeziehungen wirksam ändern? Hier erfahren Sie, wie’s geht!)
- Richten Sie Ihre eigenen Vertragsdokumente an Marktstandards aus. Ein guter Anhaltspunkt für IT-Unternehmen sind z.B. die Regelungen in den Muster-AGB des Bitkom. Regelungen, die Ihr Gegenüber klar benachteiligen, provozieren Ihren Vertragspartner und führen zu langwierigen Verhandlungen.
- Besonders entspannte IT-Unternehmen gehen noch einen Schritt weiter und integrieren von sich aus Kompromisslösungen aus der Bitkom-Praxishilfe in ihre Vertragsmuster. Falls Ihnen dieses Vorgehen zu progressiv ist, können Sie sich auch ein „Playbook“ erstellen lassen, das bereits vorformulierte Kompromisslösungen enthält.
- In Verhandlungen gilt: Bleiben Sie pragmatisch und konstruktiv. Konzentrieren Sie sich auf die für Sie ganz wesentlichen Ergebnisse, und nehmen Sie beim Rest unter Umständen auch mal kleinere Risiken in Kauf. Wir sind keine Winkeladvokaten und verhandeln selbst genau so.
- Andererseits gilt: Ein Kunde, der als Verhandlungspartner unangenehm ist, ist häufig auch als Kunde nicht angenehm. Nutzen Sie also Vertragsverhandlungen auch, um Ihrem Gegenüber auf den Zahn zu fühlen.
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Ihre Ansprechperson
Dr. Jochen Notholt
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