Wie erstellen Sie eine gute Leistungsbeschreibung in einem IT-Vertrag?

Wer unsere Blog-Beiträge aufmerksam liest, weiß inzwischen, dass das A&O in einem guten IT-Vertrag für uns die Leistungsbeschreibung ist. Was müssen Sie beim Entwurf einer solchen Beschreibung beachten?

„Wos is mei Leistung?“

Frei nach diesem leicht abgewandelten, in Österreich sehr beliebten Zitat sollten Sie sich zunächst fragen, welche Leistungen Sie anbieten. Nur diese, aber auch all diese Leistungen müssen Sie beschreiben.

Wenn Sie Ihren Kunden eine Software überlassen, beschreiben Sie also:

  • Welche Funktionen hat die Software?
  • Falls man mit dieser Art von Software typischerweise bestimmte Funktionen verbindet: Welche davon hat die Software nicht?
  • Auf welchen Systemen läuft sie?
  • In welcher Form überlassen Sie die Software (Datenträger / online)?
  • Gehört zur Software eine Dokumentation, und falls ja, in welchem Umfang / welcher Form überlassen Sie diese?

„Best Practice“ in IT-Projekten

In größeren IT-Projekten habe ich häufig beobachtet, dass man die Leistungsbeschreibung in verschiedene Kategorien unterteilt. Das ist an sich ein sehr guter Ansatz. Das Problem ist nur, dass die Kategorien von den Projektbeteiligten oft munter durcheinander geworfen werden. Deshalb hier eine kurze Erläuterung dieses Verfahrens. Zunächst zu den Kategorien, diese lauten:

  • Leistungsumfang („In Scope“)
  • Leistungsausschlüsse („Out of Scope“)
  • Annahmen zur Leistungserbringung („Assumptions“)
  • Mitwirkungspflichten des Kunden („Customer Obligations“)

Die ersten beiden Kategorien sind leicht zu erklären: Im Leistungsumfang beschreibt der Anbieter, was er tut und welche Ergebnisse er im besten Fall liefert. Im Rahmen der Leistungsausschlüsse beschreibt er, welche Leistungen nicht von der vertraglichen Vereinbarung gedeckt sind. Durch entsprechende Kennzeichnung kann dem Kunden die Möglichkeit gegeben werden, diese Leistungen gegen Aufpreis zu beziehen. Ohne gesonderte Vereinbarung hat er hierauf aber keinen Anspruch.

Jetzt zu den Annahmen. Hierunter versteht man Umstände, die der Anbieter seiner Kalkulation der Aufwände (bzw. darauf basierend des Festpreises) zu Grunde gelegt hat. Es kann sich um zeitliche Umstände handeln (z.B. ein bestimmter Starttermin) oder um Gegebenheiten beim Kunden (Systemlandschaft, Softwareinstallationen etc.). Soweit diese Annahmen nicht erfüllt sind, muss der Anbieter seine Kalkulation anpassen — die Leistungen werden teurer. Es kann helfen, diese Rechtsfolge vertraglich klar zu regeln.

Die Mitwirkungspflichten beziehen sich auf Leistungen, die der Kunde erbringen muss, damit der Anbieter seine Leistungen so erfüllen kann wie es vertraglich vereinbart ist. Soweit dies nicht der Fall ist, bleibt die Leistungserbringung zwar an sich möglich, sie verzögert sich aber. Ein solcher Projektstillstand kann für IT-Anbieter erhebliche Nachteile haben, auch über das einzelne Projekt hinaus. Deshalb bietet es sich auch hier an, nicht nur die einzelnen Pflichten des Kunden klar zu regeln, sondern auch die Folgen einer Nichterfüllung dieser Pflichten.

Vor allem die Abgrenzung zwischen Annahmen und Mitwirkungspflichten kann schwierig sein. Als Faustregel gilt: Macht der Kunde das nicht, was er tun soll, und führt dies bloß zur Verzögerung der Projekttermine, fällt dies in den Bereich der Mitwirkungspflichten. Ändern sich dagegen Umstände, die keinen direkten Einfluss auf Projekttermine haben, aber das Vorhaben aus anderen Gründen teurer machen (z.B. weil mehr Mitarbeiter eingesetzt werden müssen als gedacht), fällt das in den Bereich der Annahmen. Umstände können durchaus zugleich in beide Bereiche fallen — aber das ist eher selten.

„Key Performance Indicators“ (KPIs) als Leistungsfaktor

Ein weitere interessante Frage im Zusammenhang mit IT-Leistungsbeschreibungen: Wie vereinbaren Sie rechtssicher „Key Performance Indicators“ wie z.B. Verfügbarkeiten und Ausfallzeiten im Rahmen von SaaS-, Hosting- oder Cloud-Leistungen?

Unserer Ansicht nach machen Sie das am besten, indem Sie diese Kennzahlen als Leistungsangaben formulieren.

Falsch ist es also, im Vertrag zu schreiben,

  • dass Sie als Anbieter „keine Gewähr übernehmen“ oder „die Gewährleistung ausschließen“ für Ausfälle Ihres Dienstes, die über xx% hinausgehen, oder
  • dass Sie als Anbieter für Ausfälle in diesem Ausmaß „nicht haften“ oder „die Haftung ausschließen“.

All dies verstößt gegen Vorgaben des AGB-Rechts.

Richtig ist es dagegen, im Vertrag zu schreiben, dass Sie den Dienst „mit einer Verfügbarkeit von xx% erbringen“. So entziehen Sie diese Regelung der AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle, die Vereinbarung ist wirksam. (Möchten Sie Ihre AGB in laufenden Vertragsbeziehungen wirksam ändern? Hier erfahren Sie, wie’s geht!)

Das ist übrigens nach unserer Meinung rechtlich völlig klar und kein „Winkeladvokaten-Trick“. Denn es versteht sich von selbst, dass die Bereitstellung eines Diensts umso teurer wird, je mehr Vorkehrungen Sie für seine Verfügbarkeit treffen müssen. Hochverfügbarkeitssysteme sind teurer als „normale“ Systeme. „Normale“ Systeme sind deshalb keine mangelhaften Hochverfügbarkeitssysteme. Oder?

Eine gute Leistungsbeschreibung, wenn die Leistung noch nicht feststeht

Naturgemäß schwierig ist die Leistungsbeschreibung immer dann, wenn zu Beginn einer Vertragsziehung noch nicht feststeht, was „hinten rauskommt“. Ein gutes Beispiel hierfür sind die sog. „agilen“ IT-Projekte. Hier wird nach bestimmten Vorgehensweisen (z.B. Scrum, Kanban etc.) der Leistungsgegenstand zunächst nur grob definiert und dann in kurzen Iterationen „verfeinert“. Die rechtliche Einordnung solcher Leistungen ist nach wie vor umstritten. Manche sagen, da die Leistung zu Beginn der Vertragsbeziehung noch nicht feststeht, könne es sich nur um eine dienstvertragliche Leistung handeln. Dass der Auftraggeber dann allerdings keine rechtliche Handhabe hat, wenn der Anbieter etwas Anderes tut als beauftragt, kann kaum des Rätsels Lösung sein.

Richtiger wird es sein, den agilen Projektvertrag als eine Art Rahmenvertrag zu behandeln, während dessen Laufzeit sich der Leistungsgegenstand immer klarer herausstellt. Dies kann man als Abschluss „kleiner“ Einzelverträge sehen, die man dann während der Vertragslaufzeit bezogen auf einzelne Projektabschnitte (sog. Meilensteine/Milestones) auch als solche herausarbeiten und dokumentieren sollte.

Wenn sich die Spreu vom Weizen trennt

Eine klar formulierte Leistungsbeschreibung hilft Ihnen dabei,

  • sich selbst darüber klar zu werden, was Sie zu leisten im Stande sind und was Sie von Ihrem Vertragspartner erwarten können,
  • im Vorfeld eines Vertragsschlusses Missverständnisse über die vertraglichen Pflichten zu vermeiden,
  • während des Vertragsverhältnisses und nach seinem Abschluss Rechte einzufordern,
  • Rechte und Pflichten so zu dokumentieren, dass die Geschäftsbeziehung nicht unter Personalwechseln auf Anbieter- oder Kundenseite leidet.

Alles OK mit Ihrer Leistungsbeschreibung?

Falls Sie unsicher sind, ob mit Ihren vertraglichen Leistungsbeschreibungen alles in Ordnung oder ob Luft nach oben ist: Beauftragen Sie uns mit einem IT-Vertragscheck. Auf unserer Produktseite erfahren Sie, welche Leistungen wir im Zusammenhang mit Leistungsbeschreibungen z.B. im Rahmen von IT-Musterverträgen für Sie erbringen und was Sie das kostet.

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Redaktionelle Anmerkung: Dieser Artikel wurde erstmals am 19. Juli 2017 veröffentlicht und zuletzt am 13. Juni 2020 inhaltlich überarbeitet.


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