Was müssen Sie zur Gewährleistung im IT-Vertrag wissen?

Wenn IT-Unternehmen ihre Leistungen erbringen, möchten sie neben einer möglichst umfassenden Haftungsbeschränkung außerdem möglichst wenig Gewährleistungspflichten tragen. Doch lassen sich diese einschränken? Welche Rechte hat Ihr Vertragspartner überhaupt? Mehr zur Gewährleistung im IT-Vertrag erfahren Sie in diesem Beitrag.

Wenn IT-Unternehmen ihre Leistungen erbringen, möchten sie neben einer möglichst umfassenden Haftungsbeschränkung außerdem möglichst wenig Gewährleistungspflichten tragen. Doch lassen sich diese einschränken? Welche Rechte hat Ihr Vertragspartner überhaupt? Mehr zur Gewährleistung im IT-Vertrag erfahren Sie in diesem Beitrag.

Wann sind Regelungen zur Gewährleistung im IT-Vertrag sinnvoll?

Im B2C-Bereich, also bei Leistungen gegenüber Verbrauchern / Privatpersonen, sichert das Gesetz bei kauf-, miet- und werkvertraglichen Leistungen Ihrem Vertragspartner umfangreiche Gewährleistungsrechte zu. Nur bei dienstvertraglichen Leistungen ist das anders. Wegen der sehr strengen Anforderungen zur AGB-rechtlichen Inhaltskontrolle ist es kaum zu empfehlen, z.B. in AGB die Gewährleistungsrechte von Verbrauchern einzuschränken.

Dieser Beitrag befasst sich jedoch vor allem mit dem B2B-Bereich: Hier bestehen zwar auch AGB-rechtliche Einschränkungen. Einige Klarstellungen und Anpassungen gegenüber der Gesetzeslage können aber sinnvoll sein. Welche genau, dazu gleich mehr.

Lässt sich die Gewährleistung ausschließen?

Es ist durchaus möglich, Gewährleistungspflichten des Anbieters vertraglich einzuschränken oder sogar auszuschließen. Haben Sie dies vertraglich nicht getan, gelten auch hier die kauf-, miet- oder werkvertragliche Gewährleistungsregeln aus dem Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB). Wenn Sie Gewährleistungspflichten vertraglich beschränken möchten, müssen Sie schauen, ob Sie es mit einer Individualvereinbarung oder mit AGB zu tun haben.

AGB sind vorformulierte Vertragsdokumente, die Sie Ihrem Vertragspartner stellen. Da AGB-Klauseln in aller Regel nicht zur Disposition stehen, darf Ihr Vertragspartner jedoch nicht unangemessen benachteiligt werden. Daher ist in AGB z.B. nur eine Verkürzung der Gewährleistungsfrist auf 12 Monate zulässig. Eine weitere Verkürzung oder gar einen Ausschluss der Gewährleistung können Sie nur im Rahmen einer Individualvereinbarung ausschließen.

Treffen Sie eine solche Individualvereinbarung, sind Ihnen nahezu keine Grenzen gesetzt, solange die Vereinbarung nicht sittenwidrig ist oder gegen geltendes Recht (§ 134 BGB) verstößt. Außerdem bilden die Vorschriften über das arglistige Verschweigen von Mängeln (§§ 444, 639 BGB) eine klare Grenze.

Bei größeren Geschäften werden gerade auch die Klauseln über die Gewährleistung in der Regel jeweils einzeln ausverhandelt, sodass aus vorformulierten AGB auch Individualvereinbarungen werden können. Welche Hürden daran jedoch gestellt sind, lesen Sie in diesem Beitrag zum Thema.

Wie sind Regelungen zur Gewährleistung im IT-Vertrag typischerweise aufgebaut?

Im Bereich des Gewährleistungsrechts ist zunächst eine Differenzierung zwischen Sach- und Rechtsmängeln wichtig. Grundsätzlich bedeutet ein Sachmangel einen Fehler an der Ware oder einem Produkt, der eine erhebliche Minderung des Wertes oder der Tauglichkeit für den Verwendungszweck bedeutet. Zum Thema der Rechtsmängelhaftung habe ich bereits einen ausführlichen Beitrag an anderer Stelle in diesem Blog verfasst. In IT-Verträgen trennt man üblicherweise zwischen Sach- und Rechtsmängeln, weil sich der vertragliche Umgang mit ihnen häufig unterscheidet.

Bei der Formulierung der Regelungen zur Gewährleistung kommt es vor allem darauf an, ob Sie die Klauseln als AGB oder als Individualvereinbarung zu behandeln haben (siehe oben).

Im Rahmen von Individualvereinbarungen sind Sie in jedem Fall unbeschwerter und nicht den gesetzlichen Gewährleistungsnormen unterworfen. Sie können dann mit Ihrem Vertragspartner individuell vereinbaren, wann ein Sachmangel angenommen wird und Form- und Fristvorgaben schaffen, an die sich Ihr Vertragspartner zur Anzeige eines solchen Mangels halten muss. Sie können so individuell die Rechte und Pflichten von sich und Ihrem Vertragspartner festlegen.

Benötigen Sie Hilfe bei der Formulierung individueller Gewährleistungsvereinbarungen? Dann sprechen Sie uns an!

Problem: Pflegevertrag als bezahlte Gewährleistung?

Häufig schließen Softwareanbieter im Zusammenhang mit dem Verkauf von Standardsoftware Wartungs- oder Pflegeverträge ab. Hier liegen in der Regel also keine individuell vereinbarten Gewährleistungsbestimmungen vor. Doch steht ein etwaiger Pflegevertrag im Widerspruch zu Ihren gesetzlichen Gewährleistungspflichten? Es kommt drauf an!

Grundsätzlich sind Sie verpflichtet, dem Kunden die Software in einem zum vertragsgemäßen Gebrauch geeigneten Zustand zu überlassen und sie während der Vertragslaufzeit in diesem Zustand zu erhalten. Mängel der Software sind also zumindest während der Gewährleistungsfrist (je nach Regelung 12 bis 24 Monate ab Übergabe) bereits aufgrund gesetzlicher Gewährleistung zu beseitigen.

Gewährleistungsansprüche haben auch Vorrang vor dem abgeschlossenen Wartungsvertrag. Sieht der Wartungsvertrag beispielsweise vor, dass unwesentliche Fehler erst mit Auslieferung des nächsten turnusmäßigen Updates behoben werden oder Sie hierfür ein Entgelt verlangen können, kann Ihr Kunde darauf nicht verwiesen werden. Der Anspruch auf eine unentgeltliche Beseitigung auch von unwesentlichen Mängeln besteht kraft Gesetzes. Sie sollten daher in Ihrem Pflegevertrag neben Leistungen, die ohnehin der Gewährleistung unterliegen, zusätzliche Leistungen aufnehmen, wie z.B. Support, Weiterentwicklung etc. Dann können Sie für den Pflegevertrag auch problemlos Geld verlangen.

Stellen Sie Software zeitlich unbefristet zur Verfügung, stehen Ihrem Kunden in der Regel nur die kaufrechtlichen Gewährleistungsansprüche zur Beseitigung solcher Mängel zu, die im Zeitpunkt der Übergabe vorhanden oder im Produkt angelegt waren. Werden Softwarefunktionen später unbrauchbar, besteht kein Gewährleistungsanspruch auf Anpassung. Dieser kann sich dann nur noch aus dem Pflegevertrag ergeben.

Sollten Sie Hilfe bei der Formulierung Ihres Pflegevertrags oder entsprechender AGB-Regelungen benötigen, melden Sie sich bei uns!

Problem: Pflicht zur (kostenlosen) Gewährleistung in Agilen IT-Projekten

In agilen IT-Projekten ist häufig unklar, ob Dienst- oder Werkvertragsrecht zur Anwendung kommt. (Zu agilen IT-Projekten allgemein haben wir bereits an anderer Stelle in diesem Blog etwas geschrieben.) Findet Werkvertragsrecht Anwendung, hätte Ihr Vertragspartner einen Anspruch auf kostenlose Fehlerbehebung. Das kann aus Sicht des Entwicklers / der Agentur normalerweise nicht gewollt sein und passt auch nicht wirklich zum Charakter des Projekts und der Zusammenarbeit.

Um dieses Problem zu umgehen, bietet sich die Möglichkeit, die Gewährleistung durch vertragliche Regelungen auszuschließen. Wie oben aber schon dargestellt, ist das in AGB (Inhaltskontrolle) nicht so einfach und individuell wird Ihr Vertragspartner dem womöglich nicht zustimmen. Sollten Sie hierzu rechtliche Fragen haben, sprechen Sie uns gerne an. Wir schauen gerne für Sie, welche Lösung für Ihr agiles Projekt die Beste ist.

Wie verhalten sich Gewährleistung und SLA zueinander?

Die gesetzlichen Gewährleistungsbestimmungen können durch die Festlegung von Service Level Agreements (SLA) überlagert werden. Denn die SLAs definieren typischerweise die zu erreichenden Qualitätsparameter der einzelnen Leistungen und regeln die Folgen ihrer Nichterreichung. Sie sind jedoch nur als reine Konkretisierung von geschuldeter Leistung und etwaiger Schlechterfüllung zu verstehen. Sie sollten sich daher mit Ihrem Vertragspartner bei der Vertragserstellung damit auseinandersetzen, inwiefern es sich beim Nichterreichen der Qualitätsparameter um (abschließende) Beschaffenheitsvereinbarungen im Sinne des Gewährleistungsrechts handelt, bzw. inwiefern die SLA-Sanktionsvereinbarung den gesetzlichen Gewährleistungsrechten vorgeht oder sie sogar ausschließt.

Ist das jeweilige SLA nicht als abschließend zu verstehen, bleibt es bei der Anwendbarkeit der gesetzlichen Gewährleistungsbestimmungen. Im Übrigen ist das SLA so auszugestalten, dass es konkrete Werte festlegt, die der Anbieter zu erreichen hat. Tut er dies nicht, liegt eine Schlechtleistung vor, die unter Umständen aber ansonsten als mangelfrei im Sinne der gesetzlichen Gewährleistungsvorschriften anzusehen sein könnte.

Brauchen Sie Hilfe?

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass sich das Gewährleistungsrecht nicht grundsätzlich einer individuellen Vereinbarung entzieht, auch wenn es nicht immer ganz einfach ist, eine solche Vereinbarung zu erreichen. Sofern Sie Hilfe bei Entwicklung und Formulierung bestimmter Gewährleistungsvereinbarungen haben oder kompetente Betreuung und Beratung bei Ihren Vertragsverhandlungen wünschen: Kontaktieren Sie uns, wir helfen Ihnen gerne!

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