Was müssen Anbieter von Online-Handelsplattformen rechtlich beachten?

Wir haben inzwischen schon einige kleinere Anbieter von Online-Handelsplattformen (oder auch: Vermittlungsplattformen) rechtlich beraten. Hier fassen wir kurz die typischen Themen zusammen, auf die Anbieter solcher Plattformen aus rechtlicher Sicht besonders achten müssen.

Was verstehen wir unter einer Online-Handelsplattform?

Wenn wir von einer Online-Handelsplattform sprechen, meinen wir ein Onlinedienst, über den der Dienstbetreiber Kunden und Anbieter bestimmter Leistungen vermittelt. Diese Leistungen können Waren (z.B. Fahrzeuge), Dienstleistungen (z.B. Leistungen von IT- oder sonstigen Beratern) oder eine Mischung aus beidem sein (z.B. Lieferung von Mahlzeiten). Der Dienstbetreiber beschränkt sich auf die Vermittlung, er erbringt die Leistungen nicht selbst und wird bezogen auf die Leistungen auch nicht Vertragspartner.

In solchen Angeboten gibt es für den Dienstbetreiber verschiedene Möglichkeiten, Geld zu verdienen. Er kann zum Beispiel für die Vermittlung der Leistung vom Anbieter und/oder vom Kunden eine Provision verlangen. Oder er kann laufende Gebühren vom Anbieter für die Bereitstellung des Dienstes verlangen, ggf. im Rahmen eines “Freemium”-Modells.

Für viele “Startupper” haben Online-Handelsplattformen einen großen Reiz. Aus rechtlicher Sicht erscheinen sie auf den ersten Blick relativ risikoarm, weil der Dienstbetreiber nicht in einer direkten Lieferverpflichtung zum Kunden steht und für fehlerhafte Lieferungen nicht haften muss. Trotzdem sind uns beim Aufsetzen einer Plattform-Infrastruktur einige Punkte aufgefallen, auf die Dienstbetreiber aus rechtlicher Sicht achten müssen.

Gute Verträge mit der Agentur

Die meisten Startups lassen sich ihre Plattform-Apps von einer externen Agentur entwickeln. In unserer Praxis lag da in den meisten Fällen schon das Hauptproblem. Denn als wir kontaktiert wurden, hatten die Startups mit der Agentur schon längst “losgelegt”, und der Entwicklungsvertrag mit der Agentur war auch schon geschlossen. Um Zeit und Kosten zu sparen, wurde schnell ein Vertrag unterschrieben, den die Agentur auf den Tisch gelegt hatte.

Häufig ist es dann leider so, dass die Leistungen der Agentur nicht den Erwartungen der Startup-Betreiber entsprechen. Entweder geht es zu langsam voran, die Wünsche an Gestaltung und Funktionalität werden nicht umgesetzt, und/oder Vorschläge der Agentur zur Gestaltung der Plattform sind nicht markt- und praxisgerecht. In der Folge kommt es schnell zu starken Verzögerungen des Projekts, erhöhtem Aufwand auf Startup-Seite und zu Konflikten zwischen den Beteiligten.

Leider ist dann erst der Punkt erreicht, an dem wir ins Spiel zu kommen. Wir schauen uns dann die Verträge und zugehörigen Leistungsbeschreibungen an und stellen fest, dass diese das Startup meist nicht ausreichend vor Leistungsmängeln der Agentur schützen. Wobei man natürlich eingestehen muss, dass die beste Absicherung in diesen Fällen nicht ein guter Vertrag ist, sondern gute Referenzen für die Agentur und Empfehlungen aus verlässlicher Quelle.

Hier nur kurz eine Zusammenstellung der Themen, die in einem Vertrag über die Entwicklung einer Plattform durch eine Agentur besonders wichtig sind:

  • Eine gute Leistungsbeschreibung – besonders, wenn nicht nach agilen Methoden entwickelt wird. Falls agil entwickelt wird, sollten zumindest die Erwartungen an das Endprodukt formuliert sein.
  • Bei agiler Entwicklung eine klare und detaillierte Beschreibung der Zusammenarbeit und der Rollen der Beteiligten.
  • Eine eindeutige Rechteeinräumung – das Startup muss Inhaber aller Rechte und auch der Quellcodes sein, um mit der Plattform auch ohne die Agentur weiter arbeiten zu können. Wichtig ist zudem eine Qualität und Dokumentation des Codes sicherzustellen, um die Übernahme der Arbeiten durch eine andere Agentur im Falle des Scheiterns zu ermöglichen.
  • Fristen für die Fertigstellung bestimmter Arbeitsergebnisse müssen verbindlich sein. Zeigt sich bei einer agilen Entwicklung, dass die Agentur ohne triftigen Grund nicht voran kommt, muss das Startup die Möglichkeit haben, schnell die Reißleine zu ziehen.
  • Es sollte möglichst wenig Geld an die Agentur im Voraus fließen; durch eine gewisse Erfolgsabhängigkeit der Zahlungen sollte der Leistungsdruck auf Seite der Agentur aufrecht erhalten bleiben.
  • Im Falle der (vorzeitigen) Vertragsbeendigung muss die Agentur kooperieren, d.h. die möglichst nahtlose Übergabe der Zwischenergebnisse an eine andere Agentur unterstützen.

Die richtige Zahlungsabwicklung

Bei Vermittlungsplattformen sorgt der Anbieter häufig für die Zahlungsabwicklung, d.h. Endkunden zahlen für die vermittelten Leistungen häufig zunächst an die Plattform und diese leitet das Geld (abzüglich Provision etc.) an die Anbieter der Leistungen weiter. Schwierigkeiten bereiten in diesen Fällen die Vorgaben des Zahlungsdiensteaufsichtsgesetzes (ZAG), denn der Plattformanbieter agiert ja zumindest für eine gewisse Zeit mit Geld, das ihm nicht zusteht.

Hier kurz zusammengefasst die Lösungsansätze für den richtigen Umgang mit Kundengeldern:

  • Die Zahlungswege oder Leistungen sind so gestaltet, dass ein Ausnahmefall des ZAG in Frage kommt.
  • Die Endkunden zahlen direkt an die Anbieter, der Plattformanbieter stellt einer Seite oder beiden Seiten nur seine Provision etc. in Rechnung.
  • Der Plattformanbieter nutzt für die Zahlungsabwicklung einen Zahlungsdienstleister, der zugleich eine Erlaubnis nach dem ZAG hat (nach unserer Erfahrung ist es gerade für kleine Anbieter nicht immer ganz leicht, mit diesen Zahlungsdienstleistern ins Geschäft zu kommen).

Die richtigen rechtlichen Dokumente

Erst wenn sich Plattformanbieter bezogen auf ihre Agentur und die Zahlungsabwicklung gut aufgestellt haben, ist der perfekte Zeitpunkt, sich um das Vertrags-Setup zu kümmern. Wir haben bei einer Vermittlungsplattform üblicherweise drei verschiedene Vertragsbeziehungen:

  • Plattformanbieter // Kunde
  • Plattformanbieter // Leistungsanbieter
  • Leistungsanbieter // Kunde

In jeder der Vertragsbeziehungen braucht man die folgenden Dokumente:

Insgesamt brauchen Plattformanbieter also bis zu sechs rechtliche Dokumente, teils mit stark abweichendem und mehr oder weniger komplexem Inhalt. In allen Dokumenten ist es wichtig, dass die Rechte und Pflichten der jeweiligen Vertragsparteien bzw. die konkreten Verarbeitungsvorgänge klar und transparent beschrieben sind. Falls Sie selbst das nicht können: Keine Sorge, wir können das!

Plattformanbieter agieren übrigens in datenschutzrechtlicher Sicht in der Regel als Verantwortliche, deshalb sind normalerweise keine weiteren Vereinbarungen (AVV, Joint Control etc.) erforderlich. Ausnahmen können aber auch hier die Regel bestätigen.

Beachtung der P2B-Verordnung

Seit diesem Sommer ist die sog. P2B-Verordnung in Kraft. Sie ist wichtig für Plattformanbieter, bei denen die Leistungsanbieter Unternehmenskunden und die Kunden Privatpersonen / Verbraucher sind (B2C-Geschäfte). Die P2B-Verordnung verpflichtet Plattformanbieter zur Einhaltung bestimmter Vorgaben gegenüber den Leistungsanbietern, damit diese zum Plattformanbieter nicht in zu große Abhängigkeit geraten. Das ist natürlich vor allem für große Plattformen wie z.B. Amazon und eBay relevant. Die Vorgaben der P2B-Verordnung müssen jedoch alle Plattformanbieter unabhängig von ihrer Größe beachten. Es kommt nur darauf an, dass auch Privatpersonen (Verbraucher) zu den Endkunden zählen, und dass Unternehmenskunden die Plattform für den Vertrieb von Waren und/oder Dienstleistungen nutzen.

Pflichten nach der P2B-Verordnung beziehen sich vor allem auf die Gestaltung der Allgemeinen Geschäftsbedingungen (AGB) zwischen Plattformbetreiber und Leistungsanbieter. In diesen AGB muss der Leistungsanbieter transparent über bestimmte Themen aufgeklärt werden (z.B. das Ranking von Suchergebnissen und die Möglichkeit, auf die Ergebnisplatzierung Einfluss zu nehmen), und ihm müssen bestimmte Rechte vorbehalten bleiben. Zudem muss der Plattformanbieter ein Verfahren zur Konfliktlösung mit dem Leistungsanbieter einführen und mindestens zwei Mediatoren benennen, die für die Lösung von Konflikten bereitstehen.

Bei uns hat sich bisher die Praxis bewährt, bestehende AGB von Plattformanbietern um einen Abschnitt zu ergänzen, der die Rechte und Pflichten nach der P2B-VO “gebündelt” regelt.

Alles klar mit Ihrer Online-Plattform?

Sie betreiben eine Online-Handelsplattform oder haben das vor? Wir fassen nochmals die nötigen rechtlichen Schritte zusammen:

  1. Suchen Sie sich eine gute Agentur bzw. gute Entwickler und achten Sie auf eine gute vertragliche Vereinbarung.
  2. Achten Sie bei den Zahlungsströmen auf die Einhaltung der Vorgaben des ZAG und suchen Sie sich ggf. einen Zahlungsdienstleister, mit dessen Hilfe Sie diese Vorgaben erfüllen können.
  3. Achten Sie auf klare und transparente rechtliche Dokumente im rechtlichen Dreiecksverhältnis zwischen Ihnen, den Leistungsanbietern und den Endkunden.
  4. Beachten Sie bei den AGB zwischen Ihnen und dem Leistungsanbieter die Vorgaben der P2B-VO.

Kein Problem für Sie, oder? Falls doch, helfen wir Ihnen bei Ihrem Projekt gerne weiter. Weitgehend zum Festpreis! Nehmen Sie hierzu jederzeit Kontakt mit uns auf.

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